Was ist eine Depression?
Wir alle kennen Phasen der inneren Erschöpfung und der Verzagtheit. Solche Phasen können durch viele Ereignisse ausgelöst werden. Der Verlust eines Partners, berufliche Erfolglosigkeit oder eine private Enttäuschung können so belastend sein, dass sie alle anderen Bereiche des Lebens negativ beeinflussen. Aus der Sicht eines Arztes muss es sich dabei nicht um eine Depression handeln. Es kann auch sein, dass Trauer und Mutlosigkeit normale Reaktionen unserer Psyche auf diese Lebensprobleme sind. In einem solchen Fall ist die Lebenskrise, das Stimmungstief, eng mit dem Lebensproblem verbunden, das sie ausgelöst hat. Sobald der Verlustschmerz oder die Überlastung nachlässt, hellt sich die Stimmung wieder auf.
Eine Depression im medizinischen Sinn ist jedoch etwas anderes: eine behandlungsbedürftige, psychiatrische Erkrankung. Wer an einer Depression erkrankt ist, kann sich nicht mehr aus eigener Kraft aus der gedrückten Stimmung befreien. Aufforderungen wie "Nimm Dich zusammen" oder "Mach' doch mal Urlaub" helfen nicht weiter. Eine Depression kann, wenn sie nicht richtig behandelt wird, Monate oder sogar Jahre andauern.
Was unterscheidet eine Depression von einer normalen Trauerreaktion?
Die Symptome einer Depression lassen sich nicht mit einigen Worten zusammenfassen. Es gibt kein einheitliches Erscheinungsbild dieser Erkrankung. Zwei Menschen, die an einer Depression erkrankt sind, können unter sehr unterschiedlichen Symptomen leiden. Es gibt Überschneidungen mit anderen Erkrankungen, wie auch jedes einzelne Anzeichen einer Depression von einer anderen Erkrankung herrühren kann. Deswegen ist es von großer Wichtigkeit, mit einem Arzt über seine Beschwerden zu sprechen. Eine Depression ähnelt in einigen Anzeichen einer "normalen" Trauerreaktion. Der Betroffene ist mutlos, verspürt eine tiefe Leere oder Traurigkeit. Beschäftigungen, denen er früher gerne nachging, machen ihm jetzt keine Freude mehr, er vernachlässigt Hobbys und andere Freizeitaktivitäten. Es gibt jedoch einige Anzeichen, die eine Depression von einer "gesunden" Trauerreaktion unterscheiden.
Trauer "ohne" Grund: Im Gegensatz zu einer depressiven Erkrankung sind Phasen der Trauer im allgemeinen nach einigen Tagen, Wochen oder Monaten überwunden. Eine unbehandelte Depression hingegen zieht sich häufig über einen langen Zeitraum hin; oft dauert sie solange, dass man sie schließlich nicht mehr auf ein belastendes Ereignis zurückführen kann. Außerdem kann eine Depression auch ohne ein äußeres Ereignis auftreten.
Keine Aufheiterbarkeit: Im Unterschied zu Menschen, die einfach traurig sind, ohne dabei im medizinischen Sinn krank zu sein, lässt sich ein Mensch, der an einer Depression leidet, in der Regel nicht von seinen Empfindungen ablenken. Im Kreise von Freunden oder im Urlaub wird ihre Stimmung nicht besser, oft sogar noch niedergedrückter.
Am liebsten möchte Dietmar S. morgens einfach nicht mehr aufstehen. Allein die Vorstellung, er müsse duschen und sich anziehen, macht ihm Angst und drängt ihn noch tiefer in die Kissen zurück. Wann immer er kann, bleibt er im Bett liegen und "denkt über alles nach". Nur so glaubt er, das Leben noch ertragen zu können. Auf der anderen Seite fühlt er sich gerade an solchen Tagen nutzlos und überflüssig, wenn er daran denkt, wie er seinen Beruf und seine sonstigen Aktivitäten vernachlässigt. Seinen Freunden ist Dietmars Antriebslosigkeit aufgefallen. Sie beschließen, ihm zu helfen. Sie besuchen ihn überraschend und überreden ihn zu einer ausgedehnten Kneipentour. Dietmar S. spürt die Erwartungen, die sich an ihn richten. Alle Aktivitäten des Abends sind darauf ausgerichtet, dass er sich wohl fühlt. Trotzdem empfindet er die Anwesenheit seiner Freunde eher anstrengend als ermunternd. Als diese bemerken, dass er sich nicht aufheitern läßt, sind sie enttäuscht und lassen Dietmar dies auch spüren. Als er später wieder allein zu Hause ist, fühlt er sich noch nutzloser und überflüssiger als je zuvor.
Stimmungsschwankungen im Laufe des Tages: Eine weitere Besonderheit der Depression, die diese Erkrankung von einer normalen Verstimmung unterscheidet, ist, dass die Beschwerden in Abhängigkeit von der Tageszeit auftreten können (Tagesschwankungen): Der Betroffene ist am frühen Tag besonders traurig oder mutlos (Morgentief), während es gegen Nachmittag zu einer Aufhellung der Stimmung kommt. Der Stimmungsrhythmus kann jedoch auch anders verlaufen: Er beginnt mit einem Hoch am Morgen und endet mit gedrückter Gefühlslage am Abend. Bei einer schweren Depression sind diese Stimmungsschwankungen oft ein Zeichen für eine einsetzende Besserung, während anfangs die Stimmung durchgängig gedrückt ist, gibt es jetzt immerhin erste Phasen der Aufhellung.